10. Juni 2022 | Werner Jörß
Angesichts der stark gestiegenen und weiter steigenden Energiepreise drohen Mietern und Wohnungseigentümern nach Einschätzung des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände erhebliche Mehrkosten, die für die privaten Haushalte zu einer großen Belastung werden können. Mittlerweile ist von Nachzahlungen von ein bis zwei Monatsmieten die Rede. Angesichts dessen ist die einmalige Energiepauschale in Höhe von 300 Euro, mit der die Bundesregierung die einkommensteuerpflichtig Erwerbstätigen entlasten will (Empfänger von Sozialleistungen erhalten 200 Euro), ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist absehbar, dass Haushalte mit geringerem Einkommen Gefahr laufen, die Zusatzkosten nicht mehr schultern zu können.
Mit Blick auf eine möglicherweise drohende Zahlungsunfähigkeit ist es verständlich, dass Vermieter beim Eigentümerverband Haus & Grund nachfragen, ob, ab wann und in welcher Höhe sie von ihren Mietern höhere Nebenkostenvorauszahlungen einfordern können.
Doch hier gibt es rechtliche Grenzen, denn Vermieter dürfen die Nebenkostenvorauszahlung nur erhöhen, nachdem eine Abrechnung erstellt wurde, angesichts derer sich die bisherigen Vorauszahlungen als zu niedrig herausstellen. Einseitige Erhöhungen der Nebenkostenvorauszahlungen ohne konkreten Anhaltspunkt sind nicht zulässig. Auch steigende Preise und zu erwartende Nachzahlungen geben Vermietern nicht das Recht, unterjährig die laufenden Vorauszahlungen zu erhöhen.
- 560 Abs. 4 BGB knüpft eine Anpassung von Betriebskostenvorauszahlungen an die Vorlage einer Betriebskostenabrechnung und deren Ergebnis: „Sind Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden, so kann jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen.“
Laut BGH-Urteil vom 28.9.2011 (VIII ZR 294/10) ist ein Zwölftel des vom Mieter geschuldeten Betriebskostenjahresbetrages als monatliche Vorauszahlung für das Folgejahr angemessen. Dementsprechend kann der Vermieter die monatlichen Vorauszahlungen in der Regel um ein Zwölftel der Nachzahlung erhöhen. Künftige Entwicklungen könnten zwar berücksichtigt werden, heißt es in der Begründung, diese müssten jedoch „konkret zu erwarten sein“, ein „Sicherheitszuschlag“ ist nicht zulässig.
Anders verhält es sich, wenn der Vermieter in einem entsprechenden Anschreiben keine Nebenkostenerhöhung ankündigt, sondern dem Mieter lediglich eine höhere Vorauszahlung anbietet, um den Kostenanstieg abzufedern. Zumal auch mancher Mieter das böse Erwachen angesichts der im nächsten Jahr eintrudelnden Nebenkostenabrechnung fürchtet und geneigt sein könnte, auf das Angebot des Vermieters einzugehen. Und einvernehmliche Vereinbarungen sind immer möglich.
André Juffern vom Deutschen Mieterbund NRW rät Mietern, insofern sie keine Vereinbarung mit dem Vermieter treffen, zur Sicherheit Geld zurückzulegen.
Ihr Autor: Werner Jörß, Sachverständiger für Immobilienbewertung
Quellen: kostenlose-urteile.de, wdr.de, ndr.de, Deutscher Mieterbund