22. Juli 2022 | Werner Jörß und Tatjana Sadoja
Die Immobilienmärkte verändern sich. Steigende Zinsen, gestiegene Rohstoffpreise und gestörte Lieferketten sind gerade die sichtbaren Folgen der unsicheren wirtschaftlichen und politischen Krisenlagen.
Neubau- und Investmentimmobilien
Dies gilt vor allem für Neubau- und Investmentimmobilien. Der Wohnungsneubau breche gerade massiv ein, wie der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) am Mittwoch nach einer Umfrage unter seine Mitgliedern mitteilt. Neubau wird immer schwerer kalkulierbar, Baukosten explodieren, Bauzinsen steigen und Lieferketten sind nicht verlässlich. Bereits jetzt wurden viele Neubauvorhaben zurückgestellt, auch die Zahl der Baugenehmigungen sinkt statt zu steigen.
Der Wohnungsinvestmentmarkt zeigt ebenso erste Preiskorrekturen, obwohl hier noch verlässliche Zahlen fehlen. Investoren prüfen aktuell genauer – die hohe Nachfrage und die vorhandene Liquidität konnten den Anstieg der Fremdkapitalkosten (höhere Zinsen) bisher noch abfedern. Bemerkenswert ist, dass der Anteil der Käufer aus dem Ausland sich bis auf ca. 30 Prozent weiter erhöhte, der deutsche Wohnungsinvestmentmarkt bleibt für ausländische Investoren weiterhin attraktiv.
Wohnimmobilien
Auch der jahrelange Boom des Wohnungsmarktes hat sich im ersten Halbjahr 2022 abgekühlt. Die angebotenen Kaufpreise sind sogar noch leicht gestiegen, jedoch hat sich der Anstieg in den Großstädten gegenüber dem Vorjahr bereits halbiert, im Schnitt auf ca. 7,5%. Berücksichtigt man die Inflation von zuletzt 7,6% in Deutschland, so sind Eigentumswohnungen – real – heute sogar günstiger als vor einem Jahr.
In den kreisfreien Städten hat der stetige Preisanstieg der letzten Jahre noch deutlicher nachgelassen, auf dem Land hingegen sind die Preise derzeit noch stabil.
Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist nach wie vor hoch – jedoch sorgen die deutlich gestiegenen Finanzierungszinsen dennoch für eine Zurückhaltung der Käufer – auch dadurch schwächen sich die Kaufpreissteigerungen der letzten 15 Jahre deutlich ab.
Es wird zunehmend schwieriger, Kaufinteressenten zum Abschluss zu bringen, die zahlungsfähig sind bzw. die eine gesicherte Finanzierung erhalten.
Die Daten großer Immobilienportale zeigen einen Nachfrageeinbruch von mehr als einem Drittel und berichten gleichzeitig von stagnierenden oder sogar leicht sinkenden Angebotspreisen in den großen Städten.
Mietmarkt
Auch der Trend der steigenden Mietpreise hat sich etwas abgeschwächt, vor allem in den Ballungsgebieten, während im Umland die Mietpreise noch stabil bleiben, als Folge der Ausweichbewegungen von der Großstadt hin ins Umland. Vor allem die hohen Energiekosten, die zu deutlich höheren Nebenkosten führen, belasten die Zahlungsfähigkeit der Mieter.
Unser Fazit:
Wohnraum wird weiterhin ein knappes und teures Gut bleiben – auch die Neubauziele der Bundesregierung werden bisher deutlich verfehlt. Die Bauzinsen sind historisch gesehen immer noch vergleichsweise niedrig.
Dennoch: Die Zinsentwicklung spielt eine entscheidende Rolle in der Preisentwicklung am Wohnungsmarkt. Bauzinsen haben sich in diesem Jahr mehr als verdreifacht, bei zehnjähriger Zinsbindung stieg die Marke über drei Prozent. Durch die Zinswende wird sich der Preisanstieg deutlich verlangsamen. Der Markt wird zunächst stagnieren – Fachleute sind sich noch nicht einig darüber, ob die Immobilienpreise deutlich fallen werden. Eines ist jedoch sicher: Der Boom der letzten 15 Jahre ist vorbei und der jetzige Trend wird sich in den nächsten Jahren nicht einfach umkehren können.
Es besteht gerade eine große Spannung zwischen Neubaubedarf, klimapolitischen Zielen, Inflation, Zinswende und Baukostensteigerung. Das macht die Zeiten unsicher für Verkäufer wie Käufer von Immobilien. Sie agieren vorsichtiger oder verschieben ihre Entscheidungen zunächst.
Lassen Sie sich von einem Fachmann beraten bei Ihren Entscheidungen!
Ihre Autoren: Werner Jörß und Tatjana Sadoja, Sachverständige für Immobilienwertung
Quellen: faz.net, immobilienscout24.de, eigene Recherchen